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Kinder- und Jugendhilfe in Deutschland

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Aufgaben und Handlungsfelder

Hilfe für junge Volljährige

Junge Volljährige erhalten geeignete und notwendige Hilfe (…), wenn und solange ihre Persönlichkeitsentwicklung eine selbstbestimmte, eigenverantwortliche und selbständige Lebensführung nicht gewährleistet.“ (§ 41 Abs. 1 SGB VIII)

  • Die Hilfe erfolgt in der Regel nur bis 21 Jahre ►Care Leaver fordern: bis 25 Jahre!
  • Der Schwerpunkt liegt auf der Fortsetzung von schon begonnenen Hilfen, insbesondere aber im Kontext der Erziehung in Heimgruppen, Wohngruppen und Pflegefamilien.
  • Eine Hilfe kann auch nach Beendigung bei Bedarf und auf Antrag fortgesetzt werden.

Die jungen Volljährigen haben nach Abschluss der Hilfe für junge Volljährige einen Anspruch auf eine für sie verständliche, nachvollziehbare und wahrnehmbare Form der Beratung und Unterstützung (§ 41a SGB VIII – Nachbetreuung).

Erläuterung

„Junge Volljährige erhalten geeignete und notwendige Hilfe (…), wenn und solange ihre Persönlichkeitsentwicklung eine selbstbestimmte, eigenverantwortliche und selbständige Lebensführung nicht gewährleistet. Die Hilfe wird in der Regel nur bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres gewährt; in begründeten Einzelfällen soll sie für einen begrenzten Zeitraum darüber hinaus fortgesetzt werden. Eine Beendigung der Hilfe schließt die erneute Gewährung oder Fortsetzung einer Hilfe nach Maßgabe der Sätze 1 und 2 nicht aus.“ (§ 41 Abs. 1 SGB VIII)

Ausgangspunkt für diese Hilfen ist die Erkenntnis, dass sich die 'Jugendphase' weit über das 18. Lebensjahr hinaus nach hinten verschoben hat und nicht durch feste Alters- und Statusübergänge definiert ist. Daher soll auch in rechtlicher Hinsicht mit dem Eintritt der Volljährigkeit mit Vollendung des 18. Lebensjahres keine rechtlich indizierte abrupte Beendigung von Hilfen eintreten. Auf die Problematik einer zu frühen Beendigung von Hilfen haben weltweit die Initiativen von Care-Leavern eindringlich aufmerksam gemacht: Wohnungslosigkeit, Ausbildungsabbrüche, psychosomatische Reaktionen, nicht beschaffbare elterliche Bescheinigungen sind nur einige der Probleme, die von ihnen verdeutlicht wurden. Die Forderung der Care Leaver, die Altersgrenze von derzeit 21 Jahren deutlich auf 25 Jahre zu erhöhen, wird von vielen Fachorganisationen unterstützt. Sie hat aber bisher noch keinen Eingang in die gesetzlichen Regelungen gefunden.

Im Jahr 2021 wurden in Deutschland 125.025 Hilfen für junge Volljährige realisiert. Die Hilfearten hierbei orientieren sich im Prinzip am Katalog der ambulanten und stationären Hilfen zur Erziehung. Der Schwerpunkt liegt aber auf der Fortsetzung von Erziehungsprozessen in Heimen, Wohngruppen und Pflegefamilien in stationärer, aber auch in ambulanten Formen. Im Vergleich zu Minderjährigen (vgl. Quantitative Verteilung der Hilfen zur Erziehung) ergibt die prozentuale Verteilung der Hilfen für junge Volljährige zwischen 18 und unter 27 Jahren im Jahr 2021 ein anderes Bild. Bei der Zahl von 125.025 jungen Volljährigen, die entsprechende Leistungen in Anspruch genommen haben, nahm die Unterbringung in stationären Hilfen (gem. § 27 in Verbindung mit §§ 33, 34 SGB VIII und inklusive der stationären „27,2er-Hilfen“) mit 34,5% einen deutlich größeren Anteil als bei unter 18-Jährigen ein. Insbesondere spielte die Heimerziehung bei über 18-Jährigen eine wichtige Rolle (mit einem Anteil von 26,4% an allen Hilfen). Unter den ambulanten Hilfen waren vor allem Erziehungsbeistandschaften/Betreuungshilfe (17,3%) von Bedeutung. Auch Erziehungsberatungen wurden knapp über einem Viertel (25,6%) der jungen Volljährigen, die eine Hilfe in Anspruch genommen haben, genutzt.

Junge Volljährige haben einen Anspruch darauf, „innerhalb eines angemessenen Zeitraums nach Beendigung der Hilfe bei der Verselbständigung im notwendigen Umfang und in einer für sie verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form beraten und unterstützt“ zu werden (§ 41 a Abs. 1 SGB VIII). Erweist sich die Beendigung der Hilfe als verfrüht und schädlich, kann die Hilfe wieder aufgenommen werden (§ 41 Abs. 1 SGB VIII). Das Jugendamt soll deshalb mit den jungen Volljährigen nach Beendigung der Hilfe – in regelmäßigen Abständen - in Kontakt bleiben (§ 41a Abs. 2 SGB VIII).

Wenn eine Beendigung der Hilfe in Betracht gezogen wird, soll das Jugendamt ab einem Jahr vor dem hierfür im Hilfeplan vorgesehenen Zeitpunkt prüfen, ob im Hinblick auf den Bedarf des jungen Menschen ein Zuständigkeitsübergang auf andere Sozialleistungsträger in Betracht kommt (§ 41 Abs. 3 SGB VIII).

Bis Mai 2021 wurden junge Volljährige mit 75% ihres Einkommens und ggf. auch aus ihrem Vermögen zu den Kosten der Hilfe herangezogen, danach noch mit max. 25% ihres Einkommens. Seit dem 01.01.2023 ist nunmehr durch eine weitere Novellierung des SGB VIII der Tatbestand der Kostenheranziehung junger Menschen völlig aufgehoben. Dadurch besteht die Möglichkeit, dass junge Menschen in stationärer Unterbringung vollständig über ihr selbst erzieltes Einkommen verfügen können und dieses nicht mehr durch das Jugendamt als Kostenbeitrag zur jeweiligen Maßnahme herangezogen werden kann.

Literatur
Merkliste