Die Kinder- und Jugendhilfe ist in mehrerlei Hinsicht auf die Kooperation mit den an den Amtsgerichten angesiedelten Familien- und Jugendgerichten angewiesen:
Die Kinder- und Jugendhilfe ist zur Mitwirkung in diesen gerichtlichen Verfahren verpflichtet (§ 50 und 52 SGB VIII). Die Gerichte haben die Jugendämter bei allen diesen Verfahren zu beteiligen (FamFG und JGG).
Das Jugendamt hat regelmäßig in gerichtlichen Verfahren mitzuwirken, wenn es entweder um familienrechtliche Entscheidungen des Familiengerichts oder wenn es um die Verhandlung von Straftaten von Jugendlichen und Heranwachsenden vor Jugendgerichten geht. Familiengerichte und Jugendgerichte sind keine eigenständigen Organisationen, sondern sie sind Abteilungen oder Dezernate der jeweiligen Amtsgerichte in den Kreisen und Städten.
Die Errichtung der Amtsgerichte unterliegt in Deutschland den Bundesländern (Artikel 92 Grundgesetz - GG). Durch Landesgesetz werden sie bestimmten Gerichtsbezirken zugeordnet, was die allgemeine Erreichbarkeit für die Bürger*innen sicherstellen soll. In Deutschland gibt es über die 16 Bundesländer verteilt 638 Amtsgerichte. Die Amtsgerichte haben je nach Einzugsbereich eine sehr unterschiedliche Größe von nur wenigen bis zu 100 Richter*innen pro Gericht. Die Richter*innen der Amtsgerichte nehmen ihre Aufgabe als Einzelrichter*innen wahr (§ 22 Absatz 1 Gerichtsverfassungsgesetz - GVG).
Die Amtsgerichte sind zuständig für Zivilsachen, zu denen auch die Kindschafts- und Familiensachen gehören und für Strafsachen, zu denen auch die Jugendstrafsachen gehören. Das Amtsgericht stellt die erste Instanz dar. Übergeordnete Instanzen (für Widersprüche und gravierende Straftaten) sind das Landgericht, das Oberlandesgericht und der Bundesgerichtshof bzw. das Bundesverfassungsgericht.
Familiengerichte als ein Dezernat des Amtsgerichtes beschäftigen sich gem. § 111 FamFG mit Familiensachen (hier für die Jugendhilfe relevant: Sorgerechtsfragen nach Trennung/Scheidung von Eltern, Sorgerechtsfragen im Kontext von Kindeswohlgefährdung, Umgangsrechte von getrennt lebenden Eltern, Gewaltschutzsachen, Adoption, Unterhaltsfragen etc.).
Jugendgerichte sind ein Dezernat des Amtsgerichts, welches gemäß § 39 JGG über strafrechtliche Verfehlungen Jugendlicher (14 bis 18 Jahre) und Heranwachsender (18 bis 21 Jahre) entscheidet. Ein/e Jugendrichter*in ist für die Verfahren zuständig, in denen lediglich mit der Verhängung von Erziehungsmaßregeln oder zeitlich begrenzten Haftstrafen zu rechnen ist.
Das Jugendamt ist als Fachbehörde in all solchen Fällen gemäß den Prozessverfahrensgesetzen (FamFG und JGG) und gemäß § 50 SGB VIII (Mitwirkung in Verfahren vor dem Familiengericht) bzw. § 52 SGB VIII (Mitwirkung in Verfahren nach dem Jugendgerichtsgesetz) an den gerichtlichen Verfahren zu beteiligen [vgl. hierzu Inobhutnahme und Mitwirkung in Verfahren vor dem Familiengericht bei (möglicher) Kindeswohlgefährdung]. Es bringt seine sozialpädagogische Expertise vermittels fachlicher Stellungnahmen und durch Unterbreitung sozialpädagogischer Leistungsangebote und Interventionsstrategien in das gerichtliche Verfahren ein.