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Das Recht der Kinder und Jugendlichen auf Beteiligung an den Entscheidungen, die ihr eigenes Leben und denen, die die Gestaltung der Kinder- und Jugendhilfe in den einzelnen Einrichtungen und im Gemeinwesen betreffen, durchzieht das gesamte SGB VIII. Die Partizipationsrechte beziehen sich dabei auf verschiedene Ebenen, die sich wie folgt konkret im Gesetz niederschlagen:
1. Rechte der Selbstbestimmung
- § 1 SGB VIII benennt mit dem Recht auf Erziehung zu einer selbstbestimmten, eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit den Zusammenhang von Selbstbestimmung und „Gemeinschaftsfähigkeit“, die in einer demokratischen Gesellschaft das Recht auf und die Verantwortung zur Mitbestimmung und Mitgestaltung des Gemeinwesens bzw. der Gesellschaft beinhaltet.
- § 5 Abs.1 SGB VIII gewährt das Recht „zwischen Einrichtungen und Diensten verschiedener Träger zu wählen und Wünsche hinsichtlich der Gestaltung der Hilfe zu äußern“ (wenn das nicht unverhältnismäßige Kosten nach sich zieht).
- § 8 SGB VIII: „Kinder und Jugendliche sind entsprechend ihrem Entwicklungsstand an allen sie betreffenden Entscheidungen der öffentlichen Jugendhilfe zu beteiligen. Dabei ist ihr Entwicklungsstand zu berücksichtigen und die zunehmende Fähigkeit zu selbständigem und verantwortungsbewusstem Handeln". Dies muss „in einer für sie verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form“ erfolgen.
- § 8a Abs. 1 SGB VIII legt bezüglich des Schutzauftrags bei Kindeswohlgefährdung fest, dass bei Gefährdung des Wohls eines Kindes oder Jugendlichen die Erziehungsberechtigten sowie das Kind oder der Jugendliche in die Gefährdungseinschätzung einbezogen werden, soweit hierdurch der wirksame Schutz des Kindes oder Jugendlichen nicht in Frage gestellt wird.
- § 9a Junge Menschen können sich an unabhängige, fachlich nicht weisungsgebundene Ombudsstellen „zur Beratung in sowie Vermittlung und Klärung von Konflikten im Zusammenhang mit Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe“ wenden.
- § 42 Abs. 1 Nr. 1 SGB VIII gewährt Kindern und Jugendlichen ein bedingungsloses Recht auf Inobhutnahme, wenn sie darum bitten.
2. Rechte der Partizipation an der Gestaltung der Angebote in Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe
- § 4a Abs. 1 SGB VIII: Leistungsberechtigte und Leistungsempfänger können sich in selbstorganisierten Zusammenschlüssen organisieren, um Adressat*innen der Kinder- und Jugendhilfe zu unterstützen, zu begleiten und zu fördern.
- § 9 Nr. 2 legt fest, dass bei der Ausgestaltung der Leistungen und der Erfüllung der Aufgaben „die wachsende Fähigkeit und das wachsende Bedürfnis des Kindes oder des Jugendlichen zu selbstständigem, verantwortungsbewusstem Handeln“ zu beachten ist.
- § 11 SGB VIII: Angebote der Jugendarbeit sind durch die Kinder und Jugendlichen mitzubestimmen und mitzugestalten.
- § 12 Abs. 2 SGB VIII: „In Jugendverbänden und Jugendgruppen wird Jugendarbeit von jungen Menschen selbst organisiert, gemeinschaftlich gestaltet und mitverantwortet.“
- § 36 SGB VIII gewährt das Recht auf Mitwirkung in der Gestaltung der erzieherischen Hilfen (Hilfeplan) also, „der Feststellungen über den Bedarf, die zu gewährende Art der Hilfe sowie die notwendigen Leistungen“.
- § 45 SGB VIII verlangt, dass für eine Betriebserlaubnis von Kindertageseinrichtungen und Einrichtungen der Heimerziehung zur Sicherung der Rechte von Kindern und Jugendlichen in der Einrichtung geeignete Verfahren der Selbstvertretung und Beteiligung sowie der Möglichkeit der Beschwerde in persönlichen Angelegenheiten innerhalb und außerhalb der Einrichtung Anwendung finden.
3. Rechte der Partizipation an der Gestaltung von Kinder- und Jugendhilfe im Gemeinwesen
- § 4a SGB VIII legt der öffentlichen Jugendhilfe auf, selbstorgansierte Zusammenschlüsse zu fördern und mit diesen zusammenzuarbeiten, u.a. auch diese in Arbeitsgemeinschaften nach § 78 SGB VIII zu beteiligen.
- § 12 SGB VIII: Jugendverbände bringen Interessen und Anliegen junger Menschen zum Ausdruck und vertreten diese gegenüber der Gesellschaft.
- § 71 Abs. 1 SGB VIII legt fest, dass Vorschläge der Jugendverbände bei der Besetzung des Jugendhilfeausschusses „angemessen zu berücksichtigen“ sind.
- § 80 Abs. 1, Nr. 2 SGB VIII bestimmt, dass die öffentlichen Träger im Rahmen der Jugendhilfeplanung „den Bedarf unter Berücksichtigung der Wünsche, Bedürfnisse und Interessen der jungen Menschen und der Personensorgeberechtigten (...) zu ermitteln (haben).“