Subsidiarität:
Gesamtverantwortung der öffentlichen Jugendhilfe:
Das Sozialstaatsprinzip des Grundgesetzes (Art. 20 Abs. 1 GG: „Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.”) (vgl. Die Bundesrepublik Deutschland als Sozialstaat) ist eine wesentliche gesellschaftspolitische Grundwerteentscheidung. Als Voraussetzung für die Gewährleistung der Würde des Menschen und seiner rechtstaatlichen Freiheiten hat es die Verwirklichung sozialer Gerechtigkeit zum Ziel: Der Staat hat dem Einzelnen Hilfe zu gewähren sowie einen sozialen Ausgleich für benachteiligte Gruppen und Einzelpersonen zu schaffen. Als eines der zentralen Staatsprinzipien ist das Sozialstaatsprinzip zudem Grundlage für die verfassungskonforme Auslegung von Gesetzen.
An der Verwirklichung einer gerechten Sozialordnung sind alle gesellschaftlichen Kräfte beteiligt. Ziel ist die wirksame Ergänzung der jeweiligen Tätigkeiten zum Wohle des Hilfesuchenden.
Zu den Grundlagen dieser Zusammenarbeit zählt das Subsidiaritätsprinzip. Es bedeutet vereinfacht: Was der Einzelne, die Familie oder Gruppen und Vereine aus eigener Kraft tun können, darf weder von einer übergeordneten Instanz noch vom Staat an sich gezogen werden. Es soll sichergestellt werden, dass Kompetenz und Verantwortung des jeweiligen Lebenskreises anerkannt und genutzt werden. Das schließt allerdings die staatliche Pflicht mit ein, diese kleineren privaten Einheiten - falls nötig - so zu stärken, dass sie entsprechend tätig werden können.
Die im Subsidiaritätsprinzip zum Ausdruck kommende Anerkennung sozialer Initiativen verschafft dem/der hilfebedürftigen Bürger*in zugleich ein Wahlrecht. Dieses hat seine Wurzeln in Verfassungsrechten: Achtung der Würde des Menschen, Freiheit der Person und ihrer Entfaltung, Freiheit des Bekenntnisses.
§ 4 Abs. 1 SGB VIII fordert die partnerschaftliche Zusammenarbeit von Trägern der öffentlichen und der freien Jugendhilfe. § 4 Abs. 2 SGB VIII greift das Subsidiaritätsprinzip auf und besagt, dass, „soweit geeignete Einrichtungen, Dienste und Veranstaltungen von anerkannten Trägern der freien Jugendhilfe betrieben werden oder rechtzeitig geschaffen werden können“, die öffentliche Jugendhilfe von eigenen Maßnahmen absehen soll. Der öffentliche Träger kann aber und ist bei Bedarf aufgrund seiner Gewährleistungspflicht sogar verpflichtet, ergänzend auch eigene Maßnahmen zu ergreifen.
Allerdings kann der öffentliche Träger seine Förderung von „Einrichtungen, Diensten und Veranstaltungen“ der freien Jugendhilfe davon abhängig machen, dass diese „nach Maßgabe der Jugendhilfeplanung und unter Beachtung der in § 9 genannten Grundsätze“ angeboten werden (§ 80 Abs. 2 SGB VIII).
Darüber hinaus ist zu beachten, dass der Träger der öffentlichen Jugendhilfe für die Erfüllung aller Aufgaben des SGB VIII „die Gesamtverantwortung einschließlich der Planungsverantwortung“ trägt (§ 79 Abs. 1 SGB VIII). Die Anforderungen der Bürger auf Hilfe und Unterstützung richten sich insofern grundsätzlich an den Träger der öffentlichen Jugendhilfe.
§ 79a SGB VIII konkretisiert darüber hinaus, dass die öffentlichen Träger für die Erfüllung aller Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe „Grundsätze und Maßstäbe für die Bewertung der Qualität sowie geeignete Maßnahmen zu ihrer Gewährleistung … weiterzuentwickeln, anzuwenden und regelmäßig zu überprüfen“ haben. Zu diesen zu gewährleistenden Qualitätsmerkmalen zählen explizit auch (§ 79a SGB VIII):