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Kinder- und Jugendhilfe in Deutschland

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Aufgaben und Handlungsfelder > Andere Aufgaben

Vormundschaften und Pflegschaften

Vormunde ... übernehmen die rechtliche Vertretung des/der Minderjährigen im vollen Umfang (elterliche Fürsorge).

Pfleger*innen … übernehmen die rechtliche Vertretung des/der Minderjährigen nur für den ihnen übertragenen Wirkungskreis (Aufenthaltsbestimmung, Gesundheitssorge, Vermögenssorge, etc.).

Vormunde und Pfleger*innen können sein:

Privatpersonen (Einzelvormunde/-pfleger*innen), Fachkräfte freier Träger (Vereinsvormunde/-pfleger*innen), Fachkräfte des Jugendamtes (Amtsvormunde/-pfleger*innen)

Zur Statistik:

In Deutschland lebten Ende 2022

  • etwa 45.950 Minderjährige unter bestellter Amtsvormundschaft sowie nicht ganz 4.100 unter gesetzlicher Amtsvormundschaft,
  • rund 32.900 Minderjährige unter bestellter Amtspflegschaft.

Von den Familiengerichten wurde im Jahr 2022 ca. 14.950-mal den Personensorgeberechtigten – meist auf Initiative des Jugendamtes – die elterliche Sorge vollständig oder teilweise entzogen. [vgl Mitwirken in Verfahren vor dem Familiengericht bei (möglicher) Kindeswohlgefährdung]

Erläuterung

Kein Kind oder Jugendlicher soll ohne gesetzlichen Vertreter sein. Im „Normalfall“ sind dies die gemeinsam sorgeberechtigten Eltern oder ein allein sorgeberechtigter Elternteil. Mitunter werden aber auch dritte Personen als gesetzliche Vertreter*innen von Kindern und Jugendlichen eingesetzt.

Es wird zwischen den vom Familiengericht bestellten Amtsvormundschaften (§ 1791b BGB) bzw. Amtspflegschaften (§ 1909 BGB) und den gesetzlichen Amtsvormundschaften (§ 1791c, § 1751 BGB) unterschieden.

Eine gesetzliche Amtsvormundschaft entsteht kraft Gesetzes, wenn ein Kind von einer minderjährigen, selbst noch unter Sorgerecht stehende Mutter geboren wird, die nicht mit dem Vater des Kindes verheiratet ist, oder wenn Eltern ihr Kind zur Adoption freigeben.

Bestellte Amtsvormundschaften/Amtspflegschaften erfolgen durch familiengerichtliche Entscheidungen. Sorgerechtsübertragungen von leiblichen Eltern auf Vormunde (Übertragung der gesamten elterlichen Sorge) oder Pfleger*innen (Übertragung von Teilen der elterlichen Sorge) erfolgen durch das Familiengericht unter Mitwirkung des Jugendamtes dann, wenn Eltern nicht bereit oder in der Lage sind, die elterliche Sorge selbst auszuüben bzw. wenn sie durch die Art und Weise der Ausübung ihrer elterlichen Sorge bestehende Gefährdungen für ihre Kinder nicht abwenden oder es gar selbst gefährden (Misshandlung, Vernachlässigung, sexuelle Gewalt). [siehe hierzu auch Mitwirken in Verfahren vor dem Familiengericht bei (möglicher) Kindeswohlgefährdung]

Mit der Übertragung der Personensorge auf eine*n Personensorgerechtspfleger*in oder einen Vormund übernimmt diese*r das Recht und die Pflicht, für die Person der/des Minderjährigen zu sorgen (§ 1800 BGB), z. B. ihren/seinen Aufenthalt zu bestimmen oder Hilfen zu beantragen und bei Ablehnungen von Leistungen auch dagegen vorzugehen. In ihren Entscheidungen sind sie allein dem Wohl ihres Mündels verpflichtet und grundsätzlich weisungsfrei. Außerdem besteht für die Vormunde und Pfleger*innen seit 2011 die gesetzliche Vorgabe zum persönlichen Kontakthalten mit ihren Mündeln, was in der Regel monatliche Besuchskontakte beinhalten soll (§ 1793 Abs. 1a BGB).

Bei den Pflegschaften und Vormundschaften ist zudem zu unterscheiden zwischen Einzel- oder Vereinsvormunden/-pfleger*innen sowie Amtsvormunden/-pfleger*innen. In letztgenannten Konstellationen erfolgt eine Übertragung der entzogenen Sorgerechte auf das Jugendamt als Behörde (§§ 1791a, 1791b BGB). Das Jugendamt überträgt die Ausübung der Aufgabe der Pflegerin/des Pflegers oder Vormundes einzelnen seiner Fachkräfte. In dem durch die Übertragung umschriebenen Rahmen sind diese gesetzliche Vertreter*innen des Kindes oder Jugendlichen (§ 55 Abs. 2 SGB VIII).

Neben dem vollständigen oder teilweisen Entzug der elterlichen Sorge durch die Familiengerichte sieht § 1666 Abs. 3 BGB vor, dass diese auch ohne direkten Entzug von Sorgerechten Gebote oder Verbote gegenüber den Eltern aussprechen können. Darunter fallen Gebote zur Inanspruchnahme öffentlicher Hilfen oder auch zur Einhaltung der Schulpflicht oder auch Verbote zur Kontaktaufnahme durch gewalttätige Elternteile sowie zu deren Aufenthalten an bestimmten Orten. Auch Gebote und Verbote durch das Familiengericht stellen einen Eingriff (zum Schutz des Kindes) in die ansonsten grundgesetzlich geschützte Autonomie elterlichen Handelns dar.

Literatur
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