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Kinder- und Jugendhilfe in Deutschland

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Allgemeine Rahmenbedingungen > Recht

Eltern- und Kinderrechte

Artikel 6 Grundgesetz (GG) regelt das Verhältnis von Kindern, Eltern und Staat.

  • Subsidiaritätsprinzip dient als zentrale Orientierung für die Bestimmung des Verhältnisses.
  • Kinderrechte sind noch nicht explizit in das GG aufgenommen, aber verfassungsrechtlich ist klar, dass Kinder Grundrechtsträger sind. (Aktuell: Bestrebungen der Aufnahme von Kinderrechten in das GG)

Die UN-Kinderrechtskonvention (ratifiziert in Deutschland am 05.04.1992) differenziert die Kinderrechte in

  • Versorgungs- und Förderrechte („provision“),
  • Schutzrechte („protection“),
  • Beteiligungsrechte („participation“).

Weitere gesetzliche (Beteiligungs-)Rechte von Kindern, Jugendlichen und Eltern finden sich im SGB VIII.

Erläuterung

Verhältnis von Kindern, Eltern und Staat

Artikel 6 GG regelt verfassungsrechtlich das subsidiäre Verhältnis zwischen Staat, Eltern und Kind. Kinder und Jugendliche benötigen während ihres Aufwachsens Schutz und Hilfe, um sich zu einer gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit entwickeln zu können. Gemäß Art. 6 Abs. 2 liegt die Verantwortung dafür zuvörderst bei den Eltern, die rechtlich verpflichtet sind, die Pflege und Erziehung ihrer Kinder sicherzustellen. Sie dürfen ihr natürliches Recht grundsätzlich frei nach ihren individuellen Vorstellungen wahrnehmen, solange ihr Handeln die Rechte der Kinder wahrt.

Das Recht der Eltern ist demnach ein fremdnütziges Grundrecht, das dem Wohl des Kindes dient und ihm untergeordnet wird. Entsprechend dem Subsidiaritätsprinzip übernimmt der Staat die Rolle eines aufmerksamen Wächters: Er akzeptiert die gesetzlich verankerte Erziehungsautonomie der Eltern und wacht gleichzeitig über deren Erfüllung. Das Familienleben muss gemäß Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention respektiert werden.

Erst wenn Eltern der gesellschaftlichen Erwartung, ihre Kinder zu eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeiten zu erziehen, nicht gerecht werden, sie ihren Rechten und Pflichten nicht nachkommen (können), ist der Staat verpflichtet, unterstützend oder auch kontrollierend einzugreifen. Die Kombination des Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 6 Abs. 2 GG garantiert Kindern und Jugendlichen das Recht auf die staatliche Gewährleistung elterlicher Pflege und Erziehung. Der Begriff Kindeswohlgefährdung markiert die Schwelle für den staatlich legitimierten Eingriff in das grundgesetzlich geschützte Eltern-Kind-Verhältnis.

Kinderrechte

Am 20. November 1989 verabschiedete die Generalversammlung der Vereinten Nationen einstimmig die Erklärung der Rechte des Kindes. Die UN-Kinderrechtskonvention trat am 02. September 1990 in Kraft. Sie umfasst insgesamt 54 Artikel: Die Artikel 1 bis 41 umfassen die Kinderrechte, die Artikel 42-45 regeln die Durchsetzung und die Artikel 46-54 beinhalten das Prozedere der Unterzeichnung. Bis heute gilt die Erklärung als zentrales internationales Menschenrechtsinstrument für Kinder. Sie wurde von 196 Staaten ratifiziert. In der Bundesrepublik Deutschland gilt sie seit dem 05. April 1992. Erst im Mai 2010 hat die Bundesrepublik ihre Vorbehalte, die sich insbesondere auf die Rechte ausländischer Kinder bezogen, zurückgenommen.

Die Kinderrechte können in drei Gruppen differenziert werden:

  1. Versorgungs- und Förderrechte
    z. B. Recht auf das höchste Maß an Gesundheit, auf Bildung, auf Freizeit, Spiel und Erholung,
  2. Schutzrechte
    z. B. Schutz der Kinder vor körperlicher und seelischer Gewalt, Vernachlässigung und sexueller Gewalt,
  3. Beteiligungsrechte
    z. B. Recht auf Beteiligung, Meinungs- und Informationsfreiheit.

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat erstmals im Jahr 1968 ausdrücklich betont, dass Kinder selbst Grundrechtsträger sind und Anspruch auf den Schutz des Staates haben. Es gibt aber seit Jahren eine breite Diskussion darüber, die Rechte von Kindern explizit im Grundgesetz zu verankern. Strittig ist vor allem, in welchem Artikel und mit welcher Formulierung sie verankert werden sollen. Im Jahr 2021 hat die Bundesregierung einen Entwurf hierzu vorgelegt, über den aber bis Mitte des Jahres noch keine Entscheidung getroffen wurde.

Im GG, BGB und SGB VIII sind zudem Rechte fixiert, welche das Aufwachsen sowie die Erziehungs-, Entwicklungs- und Bildungsprozesse von Kindern und Jugendlichen gewährleisten oder fördern sollen. Nachfolgend sind ausgewählte Beispiele aufgelistet:

Grundgesetz

  • Art. 1 Abs. 1 Recht auf den Schutz der Menschenwürde
  • Art. 2. Abs. 1 Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit
  • Art. 2 Abs. 2 Recht auf körperliche Unversehrtheit

Bürgerliches Gesetzbuch

  • § 1631 Recht auf gewaltfreie Erziehung
  • § 1626 Recht auf altersangemessene Beteiligung an relevanten Entscheidungen

SGB VIII

  • § 5 Wunsch- und Wahlrecht
  • § 8 Beteiligung von Kindern und Jugendlichen
  • § 36 Hilfeplanung

Literatur
  • Berghaus, Michaela (2020): Erleben und Bewältigen von Verfahren zur Abwendung einer Kindeswohlgefährdung aus Sicht betroffener Eltern, Weinheim.
  • Liebel, Manfred (2013): Kinder und Gerechtigkeit: über Kinderrechte neu nachdenken, Weinheim.
  • Scheiwe, Kirsten/Schröer, Wolfgang/Wapler, Friederike/Wrase, Michael (Hrsg.) (2021): Der Rechtsstatus junger Menschen im Kinder- und Jugendhilferecht, Baden-Baden.
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