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Kinder- und Jugendhilfe in Deutschland

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Allgemeine Rahmenbedingungen > Gesellschaft

Kinder- und Jugendhilfe – Schnittstellen der Kooperation

Darstellung der Schnittstellen von Kinder- und Jugendhilfe mit anderen Leistungsträgern und Handlungssystemen: Justiz, Gesundheitswesen/Eingliederungshilfe, Grundsicherung/Hartz IV, Agentur für Arbeit, Schule

Erläuterung

Die Kinder- und Jugendhilfe steht nicht als Solitär dar. Sie ist vielmehr ein gesellschaftliches Handlungssystem, das Schnittstellen mit vielen anderen Leistungsträgern und Handlungssystemen aufweist. Dies sind zunächst die im SGB VIII genannten Institutionen, zu deren Adressat*innen junge Menschen und Familien gehören (vgl. § 81 SGB VIII). Sie hat sich aber auch über diese institutionellen Bezüge hinaus an allen politischen und gesellschaftlichen Auseinandersetzungen über die Gestaltung von Aufwachsbedingungen junger Menschen zu beteiligen.

Das Kinder- und Jugendhilfegesetz (SGB VIII) fordert ausdrücklich die strukturelle Zusammenarbeit mit bestimmten Stellen und Einrichtungen anderer Handlungssysteme. Explizit wird in § 81 SGB VIII formuliert:

„Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe haben mit anderen Stellen und öffentlichen Einrichtungen, deren Tätigkeit sich auf die Lebenssituation junger Menschen und ihrer Familien auswirkt, insbesondere mit

  1. den Trägern von Sozialleistungen nach dem Zweiten, Dritten, Vierten, Fünften, Sechsten und dem Zwölften Buch sowie Trägern von Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz,
  2. Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 7 des Neunten Buches,
  3. den Familien- und Jugendgerichten, den Staatsanwaltschaften sowie den Justizvollzugsbehörden,
  4. Schulen und Stellen der Schulverwaltung,
  5. Einrichtungen und Stellen des öffentlichen Gesundheitsdienstes und sonstigen Einrichtungen und Diensten des Gesundheitswesens,
  6. den Beratungsstellen nach den §§ 3 und 8 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes und Suchtberatungsstellen,
  7. Einrichtungen und Diensten zum Schutz gegen Gewalt in engen sozialen Beziehungen,
  8. den Stellen der Bundesagentur für Arbeit,
  9. Einrichtungen und Stellen der beruflichen Aus- und Weiterbildung,
  10. den Polizei- und Ordnungsbehörden,
  11. der Gewerbeaufsicht und
  12. Einrichtungen der Ausbildung für Fachkräfte, der Weiterbildung und der Forschung

im Rahmen ihrer Aufgaben und Befugnisse zusammenzuarbeiten.“

Die Gestaltung der damit verbundenen vielfältigen Schnittstellen zu anderen Handlungssystemen der bundesrepublikanischen Gesellschaft stellt eine Daueraufgabe für die Kinder- und Jugendhilfe dar, ist es doch eine ihrer zentralen Aufträge, „… dazu bei[zu]tragen, positive Lebensbedingungen für junge Menschen und ihre Familien sowie eine kinder- und familienfreundliche Umwelt zu erhalten oder zu schaffen.“ (§ 1 Abs. 3 SGB VIII). Diese – mitunter auch als Einmischungsauftrag bezeichnete – Aufgabe erfordert daher die stete Auseinandersetzung mit den genannten Systemen und die Verpflichtung, dafür zu sorgen, dass auch diese die Belange von Kindern und Jugendlichen wahrnehmen und ihren Beitrag zu einem gelingenden Aufwachsen leisten.

Der Umgang mit den unterschiedlichen Referenzsystemen der anderen Handlungssysteme und die Kooperation mit ihren Professionen stellen an alle Beteiligten hohe Anforderungen. Denn die Logiken des institutionellen und professionellen Handelns unterscheiden sich in Bezug auf die gesetzlichen Grundlagen, die Finanzierungsquellen und -modalitäten, die institutionellen und gesellschaftlichen Aufträge sowie durch das spezifische Wissen der Professionen und deren Handlungskonventionen.

Trotz dieser Kooperationshindernisse ist die interdisziplinäre und interinstitutionelle Zusammenarbeit mit den genannten Handlungssystemen Voraussetzung und Ausdruck für eine sich als parteilich und lebensweltorientiert verstehende Kinder- und Jugendhilfe, die die gesamten gesellschaftlichen Bedingungen des Aufwachsens in Analyse und Handeln mit einbezieht.

Literatur
  • Seckinger, Mike/van Santen, Eric (2003): Kooperation: Mythos und Realität einer Praxis. Eine empirische Studie zur interinstitutionellen Zusammenarbeit am Beispiel der Kinder- und Jugendhilfe, Leverkusen.
  • Schubert, Herbert (2018): Netzwerkmanagement in Kommune und Sozialwirtschaft. Eine Einführung, Wiesbaden.
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